Über die Dauer der Ausstellung konnten die Passanten, von der Straße
aus, eine Familie, einen älteren Mann und eine junge Frau im 1. Stockwerk
des leer stehenden Rohbaus wohnen hören. Dabei war nicht jedes Detail
akustisch verständlich, sondern ein klangliches Bild vom Leben und
Tagesablauf der Bewohner als akustische Atmosphäre zu hören.
»Köpenick
- Sie liegt im Herzen der Altstadt und ruft selten etwas anderes als Kopfschütteln
hervor. Jetzt hat die Bauruine an der Grünstraße 18/19 wenigstens
für ein paar Wochen Sinn bekommen: Sie ist ins Reich der Kunst aufgerückt.
Dabei hat sich auch in den Augen des kunstbeflissenen Betrachters nichts
an dem Beton-Rohbau geändert. Wohl aber in den Ohren der Passanten.
Wer die Grünstraße entlanggeht und lauscht, wird mit etwas
Fantasie den Eindruck bekommen, das halb fertige Haus sei bewohnt.
Geräusche wie vom Zähneputzen, Staubsaugen und Fernsehen dringen
dumpf aus dem Gebäude. Sie stammen von «Bewohnern», die
nicht aus Fleisch und Blut sind: Die berufstätige Frau Bach, der
Rentner Herr Bardo und die Familie Förster sind nur eine Idee des
Berliner Künstlerpaars Roswitha von den Driesch und Jens-Uwe Dyffort.
Die typischen «Wohngeräusche» ihrer Haushalte kommen
aus Lautsprechern und sind eines der 16 Werke der Altstadt-Ausstellung
«StadtKunstProjekte». Der programmatische Titel: «Zeitweiliger
Wohnsitz Grünstraße 18 und 19».
Mit ihrem Projekt wollen die Künstler auf eine besonders prägnante
Lücke in der Altstadt hinweisen. In ihrer Werkbeschreibung heißt
es, die ehemals idyllische Altstadt zeichne sich heute unter anderem durch
Abrisshäuser, Rohbauten und dadurch fehlende Bewohner aus. «Ist
die Ausstellungszeit vorbei», schreiben sie, «kehrt wieder
Stille in die Bauruine ein, und eine akustische Lücke bleibt zurück.«
(Mirko Driller, 22.08.2000 Berliner Morgenpost)
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